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Anonym im Internet – Der grosse Irrtum

Anonym im Internet

Anonym im Internet - der große Irrtum
Anonym im Internet - der große Irrtum

Anonym im Internet – Der große Irrtum

Viele Daten im Internet werden also durch Betroffene selbst veröffentlicht, die sich hierbei nichts böses denken. Es sei denn, sie veröffentlichen Daten über andere, um diesen Schaden zuzufügen, aber das Thema kommt später. Also, die Veröffentlichung von Daten ist nicht böse. Sie ist nur mitunter recht naiv. Es werden einfach zwei sehr wichtige Sachverhalte vorausgesetzt.

Gedanke Nummer eins: Alle, alle Menschen sind freundlich. Ja, man kann ihnen vertrauen, und wenn man mit ihnen im Internet etwas mitteilt, dann bleibt das „unter uns“. Die anderen schreiben ja auch, was soll also falsch daran sein, persönliche Daten mitzuteilen? Wer sollte da einen Vorteil haben? Hier besiegt der Herdentrieb, oder wie man ihn nennen mag, den Verstand. Weil so viele etwas einfach so veröffentlichen, kann es ja nicht falsch sein, oder? Und schon gehört man selber zu der Gruppe derjenigen, die Details aus dem Privatleben im Internet beschreiben. Der „Veröffentlichungsvirus“ hat zugeschlagen. Willkommen im Suchmaschinencontent. Es ist ja auch wahnsinnig vorteilhaft, einfach bei bestimmten Problemen eine Frage zu stellen, und schon wird von Personen, die vermeintlich ähnliche Erfahrung haben, Hilfestellung angeboten. Je mehr Details, je besser die Hilfe; daher wird dann in Foren oft die ganze Situation ausgebreitet, einschließlich Details zur Ehe und der Beziehung zur Schwiegermutter. Da muss ja nicht mal der Name direkt erwähnt werden, mitunter reichen die Hinweise auch so, um für Dritte auf Sie schließen zu lassen. Denn noch etwas kommt dazu: Je mehr Ihnen in einem Forum oder Sozialen Netzwerk geholfen wird, umso eher sind Sie bereit, auch die nächste Frage dort zu stellen. Und die nächste Frage... Und jedes mal werden mehr Details aus dem Leben ausgebreitet. Und dann wundern Sie sich, warum Ihnen plötzlich Firmen, von denen Sie noch nie gehört haben, Angebote senden. Oder Ihre Geschichte an anderer Stelle weiter erzählt wird. Oder warum Ihr Sohn keine Arbeit findet.

Gedanke Nummer zwei: Es bleibt doch anonym, wer soll mich schon finden?
Es wächst derzeit eine Generation heran, für die das Internet quasi schon immer bestanden hat. Diese jungen Menschen können mit dem Web so gut umgehen, wie Großmutter mit Nadel und Faden, falls sie nicht eine Singer-Nähmaschine besaß. Damit könnte sie sicher noch heute umgehen, rein intuitiv. Da auch das Web nichts vergisst, es sei denn, jemand bemüht sich aktiv um die Eliminierung gewisser Daten, werden viele Informationen dauerhaft zu finden sein. Besagte junge Menschen werden diese Spuren eines Tages auswerten, um Ihre Kreditfähigkeit zu prüfen oder Ihren Lebenslauf im Internet zu verfolgen. Weit hergeholt? Nun ja. Wer weiß denn schon noch, mittels welchem Mitgliedsnamen und welcher Zugangskennung die im Jahr 2003 erstellten Beiträge in Foren gelöscht werden könnten, und kümmert sich auch darum? Vermutlich sind die Zugangsdaten zum seinerzeit verwendeten Online-Dienst nicht mehr vorhanden, und so schlimm ist das ja gar nicht, was man damals geschrieben hat. Ehrlich gesagt, es stört einen schon, aber so richtig schlimm ist es ja, wie erwähnt, nicht. Und auch der Leserbrief, geschrieben im Jahr 2004, veröffentlicht in der örtlichen Presse wie auch im Internet zum Zustand der Straßen... Ja, der war nicht gerade glücklich geschrieben, irgendwie war da viel Wut auf die Stadtpolitik dabei. An sich ist er auch immer noch zu finden, wenn man exakt den eigenen Namen eingibt. Ach, wer sucht einen denn schon im Internet. Es gibt ja auch so viele Lesermeinungen im Internet.
Tja. Die Generation Internet wächst heran und ist teilweise schon in der Berufsausbildung, und eines Tages werden Sie vermutlich gezielt durch diese späteren Profis gesucht. Wer sollte schon auf freiwillig veröffentlichte Daten verzichten, wenn der gesetzliche Datenschutz immer strenger wird?
Je mehr man preisgibt, umso eher ist die Eingrenzung auf gewisse Personen möglich. Sollte man, etwa in Elternforen, noch den Vornamen des Kindes angeben, wie auch den Wohnort, wenn nach dem Geburtsverlauf gefragt wird, dann wird es ganz haarig. Später kommen die Kindererkrankungen hinzu, und schon liefert man dem späteren Arbeitgeber oder der Krankenkasse ein perfektes medizinisches Gutachten. Der Grundsatz ist: Je mehr Daten veröffentlicht werden, und je mehr Zeit vergeht, umso leichter sind Daten aus dem Internet bestimmten Personen zuzuordnen, da es vermutlich weitere Daten gibt, die sich ergänzen.

Wer nutzt die Daten?

Das erkläre ich Ihnen am besten am Beispiel von Stefan. Er stammt aus München-Bogenhausen, einer sehr feinen Gegend in München. Das Studium hat er erfolgreich und in kürzester Zeit beendet. Stefan hat das Diplom in der Tasche, dazu noch als eigentlich gefragter Dipl.-Ing. der Elektrotechnik. Doch es hagelt Absagen auf seine Bewerbungsbemühungen. Auch eine Mitarbeiterin der Zweigstelle der Bank, bei welcher er seit immerhin sechs Jahren sein Konto führen lässt, hat kürzlich angerufen und mitgeteilt, man wolle nun einen Termin mit ihm vereinbaren, damit sein Dispositionskredit zurück geführt wird. Dabei ist dieser nicht einmal ungewöhnlich hoch.

Was Stefan nicht ahnt: Er hat Spuren im Web hinterlassen, die zu diesen Aktivitäten der Bank führten.
In einem Sozialen Netzwerk, welches für berufliche Einträge sehr nützlich sein kann, hat er bei der Erstellung eines Profils seinen kompletten Namen und seine E-Mail-Adresse angegeben. Auf dem Clan-Forum seines Teams zum Internet-Shooterspiel Counterstrike hat er mit derselben E-Mail-Adresse einige, zugegebenermaßen, zotige Witze veröffentlicht und sich darüber beschwert, dass die „Abschüsse“ der Newbies – Verzeihung, Computerspielerjargon: gemeint sind Anfänger - derzeit zu einfach seien.

Stefan sieht den Zusammenhang zwischen den beiden Publikationen nicht, schließlich ist er ja nur mit einem Avatarnamen, einem frei erfundenen, virtuellen Forennamen, innerhalb des Counterstrikeforums aktiv. Eine Angestellte der Bank hat ihn jedoch mittels seiner im Sozialen Netzwerk veröffentlichten E-Mail-Adresse als eben diesen Computerspieler identifiziert, der gerne eine Runde mit virtueller Pistole online auf andere Spieler schießt.
Angesichts der öffentlichen Debatten um die Gefahr durch amoklaufende Computerspieler möchte die Bank den Kontakt eingrenzen und hofft, Stefan wechselt durch die Rückforderung des Dispositionskredits zu einem anderen Anbieter. Denn als Grund für eine außerordentliche Kündigung des Geschäftsverhältnisses reicht das publizierte Hobby zum heutigen Stand ja noch nicht aus. Aber einen schießwütigen Kunden? Das schreckt eher ab, auch wenn es nur virtuell ist.

Ebenso sehen das die auf die Zuordnung von Suchmaschinenergebnissen trainierten Mitarbeiter der Personalabteilungen größerer Firmen. Sie dürfen sogar mit einem Lob rechnen, wenn sie solche Zusammenhänge aufklären, denn schließlich ist das Aufspüren von Daten im Internet nicht einfach und auch nicht jedem gegeben. Den Suchmaschinenergebnissen wird nicht zuletzt deshalb auch eine große Bedeutung zugesprochen, weil diese ja schließlich „selbst“ ermittelt sind. Sie sind die Beute einer erfolgreichen Jagd.
Wir halten also fest: Es ist kein Gerücht, dass Daten im Internet nicht nur gezielt gesucht, sondern auch in Beziehung zueinander gebracht werden. Im Beispiel die Veröffentlichung der Personalien in einem Sozialen Netzwerk, das oft zur geschäftlichen Promotion genutzt wird, und die mittels der E-Mail-Adresse zu findende Mitgliedschaft in einem Counterstrike-Clan.

Es gibt aber auch andere Verwendungsmöglichkeiten. So ist die ungefragte Werbung mittels E-Mail weit verbreitet, gemeinhin als Spam klassifiziert. Wer jedoch bei Amazon oder Ebay aktiv ist, dessen Einkaufsgewohnheiten werden ebenfalls analysiert, und die E-Mails dieser Anbieter werden durch die Kunden durchaus positiv empfunden. Amazon erstellt durchaus nützliche Kaufvorschläge aufgrund bisheriger Käufe, und Ebay sendet Gutscheine, wenn der Kunde zu lange inaktiv war. Wenn also die Neigungen bekannt sind, etwa durch besagte Mitgliedschaft in einem Counterstrike-Clan, so dürften Werbebotschaften der Spielindustrie durchaus mehr Erfolg versprechen als die von Babywindeln. Es sei denn, man hat im Fanforum veröffentlicht, neulich Vater geworden zu sein. Auch keine Erfindung von mir, Ergebnisse können Sie einsehen mittels der Suchmaschinenbefehle: „bin vater geworden“ forum cs.

Erinnern Sie sich? Anführungszeichen sind sehr nützlich, sie grenzen in Suchmaschinen genau das Gewünschte ein. In Kombination mit freien Begriffen kann man sehr genau suchen. Das klappt bei nahezu jedem Suchdienst, auch innerhalb von Websites, die eine Suchfunktion bieten.

Wer hat denn noch einen Nutzen der Daten, neben Personalabteilungen, Banken und Firmen, die Produkte verkaufen möchten?