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"Rufmördchen" im Internet: Die Negativbewertung

"Rufmördchen" im Internet: Die Negativbewertung

Die Bewertung als Geschäftsgrundlage
Viele Händler im Internet sind auf Produktbewertungen angewiesen, um Umsatz zu generieren. Hier handelt es sich im Regelfall um Anbieter, die sich auf bestimmte Portale spezialisiert haben und ausschließlich dort Angebote einstellen. Eine positive Bewertung nach dem Kauf ist durch die Unternehmen gerne gesehen, schließlich vertrauen viele Nutzer auf die Meinung Dritter und entschließen sich spontan zum Kauf, wenn sich nur genug positive Meinungen finden lassen. Diese Art der Bewertung findet in einem vom restlichen Internet rechtlich und oft auch inhaltlich durch die Nutzungsbedingungen abgeschirmten Bereich statt, Moderatoren prüfen die Einhaltung der Richtlinien.
Für Anbieter besteht hier neben der Gefahr, durch Mitstreiter oder schlechte Produktqualität in "Grund und Boden" bewertet zu werden, zudem die Gefahr, dass die Konkurrenz sich selbst bewertet. Denn sehr verführerisch ist die Eigenbewertung, oft daran zu erkennen daran, dass mehrfach die selben Texte in verschiedenen Plattformen durch erst kürzlich angemeldete Benutzer erfolgen.
"Die Hersteller oder Händler möchten, gerade bei neuen Produkten, oftmals nichts dem Zufall überlassen", so Weifels. Schnell seien Bekannte, Verwandte oder gar Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bezahldiensten eingebunden und bewerteten die Produktlinien, obwohl sie in Wirklichkeit keines der Produkte besitzen. Auch der Text sei dann bereits vorgegeben und angereichert mit Keywords, also Begriffen, nach welchen in Suchmaschinen häufig gefahndet würde.

Die Bewertung in anderen Portalen in Deutschland
Doch nicht jede Bewertung im Internet ist auch wirklich gewünscht. So besteht bei dann eine wohlwollende Haltung der bewerteten Unternehmen gegenüber den Bewertungen, wenn eine Geschäftsbeziehung zwischen Portal, Anbieter und Kunde besteht. Eine solche Beziehung besteht bei einer anderen Bewertungsvariante jedoch nicht. Betreiber elektronischer Branchenverzeichnisse sind meist unabhängig und veröffentlichen Firmenbeschreibungen, die aufgeführten Unternehmen können durch anonyme Nutzer auch bewertet werden, zumeist ungeprüft. Diese Verzeichnisse finanzieren sich durch die Werbeeinblendungen. Zu nennen sind hier spezialisierte Portale etwa für Hotels, für Flugreisen, für Rechtsanwälte, Ärzte oder Handwerker. Entsprechende Unternehmensdaten erhalten die Portalbetreiber übrigens auf Grundlage des § 47 TKG (Telekommunikationsgesetz). Hier ist die Bereitstellung von Teilnehmerdaten für Geschäftszwecke geregelt. Findet sich hier eine entsprechende Bewertung, ist der Händler oder das Unternehmen erst einmal ahnungslos, wenn nicht permanent der eigene Firmenname im Internet geprüft wird. So kann es sein, dass man erst durch Kunden von negativen Internetkommentaren über sein Geschäftsgebahren oder sein Unternehmen erfährt. "Will der Betreiber nun diese Bewertung löschen, muss er erst die Inhaber des Portals ermitteln. Agieren diese in Deutschland, dürfte er, je nach Sachlage, mit entsprechendem Entgegenkommen rechnen können", so Weifels. Auch die Ursache schildert er: "Die Unternehmen wollen eigentlich keinen Konflikt, sie möchten mit Werbung Geld verdienen. Ein drohender Prozess kann da sehr schnell die Ausgaben in unerwünschte Höhen treiben", schildert Weifels.

Die Bewertung auf ausländischen Portalen
Eine dritte Variante ist die Bewertung in ausländischen Portalen, etwa Blogs oder auf Websites, die sich der Internetkriminalität verschrieben haben. Anonyme Nutzer können schreiben, was sie wollen, im Regelfall sind die Betreiber solcher Portale so abgesichert, dass man sie nicht ermitteln kann. Als Beispiel einer solchen Sicherung sei Domain-Privacy genant. Das sind spezielle Firmen, die sich als Betreiber solcher Portale angemeldet haben und ihren Sitz in Ländern haben, in welchen die deutsche Rechtssprechung bei solchen Fällen nicht greift. Der eigentliche Sinn solcher Portale ist oft, Verbraucher zu schützen und Betrüger zu entlarven. Entsprechend oft werden sie verlinkt, und entsprechend hoch ist die Bedeutung daher für Suchmaschinen ("Page-Rank"). Werden dort nun Unternehmer als schlechte Dienstleister oder, noch gravierende, etwa als Betrüger dargestellt, erscheinen solche Verlinkungen meist direkt unterhalb des Untenehmensnamens in Suchmaschinen.

Eine Kontaktaufnahme durch die Geschädigten ist meist gar nicht möglich und auch nicht gewollt. "Solche Beiträge zu löschen ist fast unmöglich", so Weifels. "Hier hilft meist nur noch ein auf das Unternehmen ausgerichtetes Reputationsmanagement, also eine Erzeugung eigener Links, um die negativen Ergebnisse zu verdrängen."

Reputationsmanagement als Gegenmittel
Die Erzeugung von Links, um von den negativen Suchergebnissen abzulenken, ist mitunter eine schwierige Aufgabe, denn man möchte die Ergebnisse ja zumindest aus der ersten Suchergebnisseite (SERP) entfernen.
Da eine Suchmaschinenseite meist zehn Ergebnisse liefert, müssen also bis zu zehn verschiedene Ergebnisse erstellt und so verlinkt werden, dass sie in der Suchergebnisliste vor dem negativen Ergebnis stehen und dieses so verdrängen.

Doch wie sehen Suchmaschinen solche Manipulationen?
"Das Internet ist nicht natürlich entstanden, daher kann man auch nicht wirklich von Manipulation sprechen", so Weifels. Gerade im Onlinehandel beruhen die Ergebnisse der ersten Seiten fast ausschließlich auf Manipulation durch Suchmaschinenoptimierer, entweder angestellt bei den Unternehmen oder als "freischaffende" Künstler tätig, um Produkt oder Unternehmen innerhalb der Suchergebnisse möglichst weit nach oben zu bringen.

In diesem Sinne empfiehlt übrigens auch die in Deutschland sehr beliebte Suchmaschine Google das Reputationsmanagement, um negative Ergebnisse zu verdrängen. Unter der unscheinbaren "Answer=164133" ist etwa beschrieben, dass man im Falle negativer Bewertungen zufriedene Kunden bitten solle, positive Bewertungen zu erstellen, zudem könne man Blogs verwenden, um unvorteilhafte Ergebnisse wie Bilder durch eigene Inhalte zu verbessern.

Es empfiehlt sich also für Unternehmen, die auf ihre Reputation im Internet angewiesen sind, entsprechend vorzubeugen, um nicht erst im "Fall der Fälle" reagieren zu müssen. Denn oft können Wochen oder gar Monate vergehen, bis die gewünschten Veränderungen in den Suchmaschinen erreicht worden sind.