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Rufmord im Internet

Rufmord im Internet

Schlecht vernetzt im Internet - Das Buch
Schlecht vernetzt im Internet - Das Buch Ratgeber bei Rufmord im Internet, zur Datenhaltung im Internet wie auch zu Bewertungsportalen.

Auszug aus dem Ratgeber "Schlecht vernetzt im Internet" von Joachim Weifels

Rufmord, Verleumdung und Üble Nachrede

Was ist eigentlich Rufmord? Als Erklärung könnte dienen: Rufmord ist kein eigentlicher Rechtsbegriff, sondern eher ein metaphorischer Oberbegriff für verschiedene Delikte im Zusammenhang mit der negativen Darstellung von Personen. Also ist Rufmord im Internet eigentlich alles, was Personen im Internet geschrieben steht und deren Ruf schadet. Der Rufmord ist das Delikt, das Internet nur das Medium. Allerdings ein sehr erfolgreiches in dieser Hinsicht. Ich vermute, kaum ein anderes Delikt hat in den letzten Jahren eine solche Fahrt aufgenommen. So gestaltet sich der Nachweis solcher Sachverhalte als schwierig, da durch den oder die Verursacher zumeist länder- oder sogar kontinentübergreifend agiert wird. Diese wähnen sich anonym, der Rufmord kann gefahrlos durchgeführt werden.
Es wird in Zukunft vermutlich erforderlich sein, dass die entsprechenden Behörden viel enger zusammen arbeiten. Derzeit können Sie meiner Erfahrung nach davon ausgehen, dass eine Strafanzeige gegen Unbekannt, die sich auf in den USA getätigte Veröffentlichungen gegen Ihre Person richten, ins Leere läuft. Mit der Folge, dass Sie entweder selbst hinfahren und den Server abschalten, auf welchem die Daten liegen, oder einen amerikanischen Rechtsanwalt beauftragen. Ob der etwas ausrichten kann, ist sehr fraglich, denn er würde nicht nach Deutschem Recht vorgehen müssen, sondern nach dem des jeweiligen Bundesstaates. Sehen wir uns nun einmal an, was Rufmord eigentlich alles sein kann, nach Deutscher Rechtsprechung, wohlgemerkt.

Diffamierung bedeutet die gezielte Verleumdung Dritter. Dies kann durch Beleidigung oder durch Unterstellungen erfolgen, zumeist wird eine Mischform vorliegen.

Diskreditierung bedeutet die Zerstörung des in eine Person oder Sache gesetzten Vertrauens. Der Kredit wird im wahrsten Sinne des Wortes vernichtet.

Üble Nachrede bedeutet, dass eine ehrverletzende Behauptung aufgestellt wird, die nicht nachzuweisen ist. Sie ist geregelt im Strafgesetzbuch:

§ 186 StGB Üble Nachrede
Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Verleumdung bedeutet, dass, dass eine ehrverletzende Behauptung aufgestellt wird, die nicht wahr ist. Im Regelfall dürfte es sich hierbei nicht um gefärbte Haare, sondern eher um Straftaten handeln, die unterstellt werden. Dies ist auch der Unterschied zur Üblen Nachrede: Bei der Üblen Nachrede ist die ehrverletzende Behauptung nicht nachzuweisen, bei der Verleumdung ist sie überdies nicht wahr. Die Auswirkungen dürften die selben sein. Verleumdung ist ebenfalls im Strafgesetzbuch geregelt.

§ 187 StGB Verleumdung
Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Mobbing nennt sich im Internet eigentlich cyber-bullying. Da dieser Begriff relativ unbekannt ist, habe ich den gängigeren Begriff gewählt. Es geht hier aber ausschließlich um das Mobbing per Internet.

Ein Rufmord stellt vermutlich immer einen Verstoß gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Dieses Recht ist nicht direkt in den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland verankert. Es hat sich durch Rechtsprechung, die auf Artikel 2 in Verbindung mit Artikel 1 des Grundgesetzes aufbaut, entwickelt. Ziel ist es, im Sinne des obersten Konstitutionsprinzips der Würde des Menschen (Art. 1 I GG) die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen zu gewährleisten.

Hierzu sind mehrere Grundsätze aufgestellt worden. Es werden hier die Intimspähre (Gedanken und Gefühle), die Privatspähre (Familienleben) und die Individualspähre (Schutz des Selbstbestimmungsrechts) unterschieden. Einige Rechte sind sogar besonders ausgeprägt worden, etwa das Recht am eigenen Bild, das Urheberrecht, die informationelle Selbstbestimmung oder die Ehre des Menschen. Verstöße gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht dürften durch ungefragte Bildveröffentlichungen oder durch Berichterstattung in den Medien häufig vorkommen.
Die informationelle Selbstbestimmung scheint mir im Kontext des Themas noch einen zweiten und dritten Blick wert. Es handelt sich hier konkret um das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Herausgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Dieses Gesetz hat starke Auswirkungen, es ist die Grundlage für die Datenschutzgesetze der Länder. Wer erinnert sich nicht noch an den „großen Lauschangriff“? Es handelte sich um die Absicht der Strafermittlungsbehörden, Überwachungsmaßnahmen in normalen Haushalten durch Überwachung durchzuführen. Im Jahr 2004 wurde dieser durch das Bundesverfassungsgericht für rechtswidrig erklärt (BverfG, 1 BvR 2378/98 vom 3.3.2004).

Einer der Leitsätze war: Zur Unantastbarkeit der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG gehört die Anerkennung eines absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung. In diesen Bereich darf die akustische Überwachung von Wohnraum zu Zwecken der Strafverfolgung (Art. 13 Abs. 3 GG) nicht eingreifen. Eine Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zwischen der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und dem Strafverfolgungsinteresse findet insoweit nicht statt.
Sie sehen, dem Persönlichkeitsrecht wird eine große Bedeutung beigemessen.
Für Unternehmen gelten diese Rechte nur eingeschränkt, da es sich nicht um natürliche, sondern um juristische Personen handelt. Dennoch kann die Unternehmenspersönlichkeit in bestimmten Fällen auch verletzt werden, etwa durch gezielte Angriffe auf die Unternehmensehre.

Als Gegensatz zu den Persönlichkeitsrechten ist das Recht auf Informationen der Öffentlichkeit zu sehen. Im sogenannten Lebach-Urteil, welches das Bundesverfassungsgericht anlässlich der Presseberichterstattung zu dem Mord an vier Soldaten durch drei Homosexuelle getroffen hatte, wurde die Grundlage zur Abgrenzung der Rundfunkfreiheit zu den Allgemeinen Persönlichkeitsrechten gelegt.
Als wichtige Grundsätze sind hier zu entnehmen, dass das Interesse bei Ausübung der Tat entsprechend hoch sein dürfte, mit Vergehen der Zeit aber immer bedeutungsloser werden würde.
Auszug aus der Urteilsbegründung:

BVerfGE 35, 202, 233 f.: „Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der Strafverfolgung und strafgerichtlichen Verurteilung die im Interesse des öffentlichen Wohls gebotene gerechte Reaktion der Gemeinschaft erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, so lassen sich darüber hinausgehende fortgesetzte oder wiederholte Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich des Täters in der Regel nicht rechtfertigen; sie würden namentlich bei Fernsehsendungen mit entsprechender Reichweite über den Täter eine erneute soziale Sanktion verhängen.“

Es muss generell zur Abwägung im Konflikt zwischen Meinungsfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht der Sinn der Äußerung ermittelt werden, und zwar so wie ihn ein verständiger Empfänger in dem jeweiligen Kontext verstehen muss. Der WDR beispielsweise hat sich mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Jahr 2009 verpflichtet, das Online-Angebot einem Drei-Stufen-Test zu unterziehen.
Demnach wird das Onlineangebot darauf geprüft,
1. ob es den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht,
2. in welchem Umfang es in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beiträgt und
3. welcher finanzielle Aufwand hierfür erforderlich ist.
Die Einflussnahme auf die Veröffentlichungen im Internet wächst also im positiven Sinne, auch wenn hier nur Öffentlich-Rechtliche Programme betroffen sind.

Was man übrigens auch wissen sollte, wenn man sich aktiv im Internet betätigt: Wer sich durch sein Verhalten oder eigene Äußerungen in das Blickfeld der Öffentlichkeit begibt, muss eine kritische Berichterstattung der Medien über sein Auftreten akzeptieren. Auch wenn der Betroffene selbst zuvor starke Worte verwendet hat, muss er möglicherweise einen „Gegenschlag“ hinnehmen. Dies gilt gerade auch für politische Auseinandersetzungen, in denen selbst scharfe oder überspitzte Äußerungen noch zulässig sind, die in einem anderen Umfeld die Grenze zur Schmähkritik bereits überschreiten würden.

Nachdem Sie nun einige der Deutschen Rechtsgrundlagen kennengelernt haben, und Sie vielleicht denken, so kompliziert sei das alles ja gar nicht, muss ich Sie drauf hinweisen, dass im Ausland ein anderes Rechtssystem gilt. Je nach Ursprungsort der gegen Personen oder Unternehmen gerichteten Beiträge ist die Handhabung anders. Es ist daher wichtig, zu wissen, in welchem Land eigentlich der Betreiber der jeweiligen Website oder des Dienstes seinen Sitz hat, innerhalb welchen der Rufmord erfolgt.

Als betroffene Person oder als betroffenes Unternehmen von Rufmord sollten Sie zunächst die Ursachen ermitteln, die zu den negativen Beiträgen geführt haben. Wenn Sie die Absicht kennen, die hinter den Beiträgen steht, dann grenzt sich eventuell der Kreis der für die Verursachung in Frage kommenden Personen ein.

Als Grund für Rufmord im Internet kann nahezu jeder Grund eine Rolle spielen, der im echten Leben auch für eine Straftat ausreichen würde. Ich meine sogar, aufgrund der besseren Chance, ungeschoren davon zu kommen, ist diese Hemmschwelle niedriger. Rufmord kann beispielsweise ausgelöst werden durch schlechten Service oder lange Wartezeiten beim Arzt. Schon wird eine negative Bewertung in mehreren Plattformen erstellt, die sich gewaschen hat und den Sachverhalt dazu noch maßlos übertrieben oder falsch wiedergibt. Das betroffene Unternehmen wird möglicherweise richtig in Schwierigkeiten geraten, wenn es auf Kundenbewertungen angewiesen ist. Solche Bewertungen können auch durch Konkurrenten durchgeführt werden, eine Überprüfung der Identität des Beurteilers erfolgt nicht, bevor seine Beurteilung veröffentlicht wird. Weitere Ursachen für Rufmord reichen von Unbedarfteit über Erpressung und Fanatismus bis hin zur geplanten Diffamierung, um den Nebenbuhler oder die Geliebte des Ehegatten auszuschalten. Mittels Rufmord können also geschäftliche, politische wie auch persönliche Ziele umgesetzt werden.

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